LWL-Kabel – Unterschied zwischen Singlemode und Multimode

Glasfaserkabel sind das Herzstück moderner Hochgeschwindigkeits-Netzwerke. Doch vor der Installation stellt sich die entscheidende Frage: Singlemode oder Multimode? In diesem Artikel erklären wir verständlich die Unterschiede, zeigen konkrete Anwendungsbeispiele und helfen Ihnen, die richtige Entscheidung für Ihr Netzwerk zu treffen.

Was ist ein LWL-Kabel?

LWL steht für “Lichtwellenleiter” und bezeichnet Glasfaserkabel, die Daten mithilfe von Lichtsignalen übertragen. Im Gegensatz zu herkömmlichen Kupferkabeln ermöglichen Glasfasern:

  • Höhere Geschwindigkeiten – Gigabit bis Terabit pro Sekunde
  • Größere Reichweiten – Von hundert Metern bis zu mehreren Kilometern
  • Keine elektromagnetische Störung – Immun gegen EMI
  • Geringere Signalverluste – Auch über große Distanzen

Die beiden Hauptkategorien von LWL-Kabeln – Singlemode und Multimode – unterscheiden sich grundlegend in ihrer Funktionsweise und ihren Einsatzgebieten.

Singlemode: Der Champion für große Distanzen

Wie funktioniert Singlemode?

Singlemode-Glasfaser (auch OS2 genannt) hat einen extrem dünnen Kern von nur 9 µm Durchmesser – etwa ein Zehntel der Dicke eines menschlichen Haares. Durch diesen schmalen Kern kann nur ein einziger Lichtstrahl geradlinig durch die Faser laufen.

Technische Daten:

  • Kerndurchmesser: 9 µm
  • Wellenlänge: 1310 nm oder 1550 nm
  • Reichweite: Bis zu 100+ km (abhängig von der Anwendung)
  • Farbe: Gelb (Standard)
  • Lichtquelle: Laser

Vorteile von Singlemode

Extrem große Reichweiten – Ideal für Weitverkehrsnetze
Höhere Bandbreite – Unterstützt höchste Datenraten
Geringere Dämpfung – Weniger Signalverlust über Distanz
Zukunftssicher – Unterstützt aktuelle und zukünftige Standards
Keine modale Dispersion – Bessere Signalqualität

Nachteile von Singlemode

Höhere Komponentenkosten – Transceiver und Switches sind teurer
Präzisere Installation – Erfordert hochwertige Spleißgeräte
Teurer in der Anschaffung – Bei kurzen Distanzen oft überdimensioniert

Typische Anwendungen von Singlemode

Perfekt geeignet für:

  • Telekommunikations-Backbone – Verbindungen zwischen Städten
  • Metro-Netzwerke – Stadtweite Glasfasernetze
  • Campus-Backbones – Verbindungen zwischen Gebäuden (>550m)
  • Datacenter Interconnect (DCI) – Verbindung zwischen Rechenzentren
  • Glasfaser-Internet (FTTH) – Anschluss zum Endkunden
  • 5G-Mobilfunk-Backhaul – Anbindung von Mobilfunkmasten

Multimode: Der Allrounder für kurze Strecken

Wie funktioniert Multimode?

Multimode-Glasfaser hat einen deutlich größeren Kern von 50 µm oder 62,5 µm Durchmesser. Dadurch können mehrere Lichtstrahlen gleichzeitig (Multiple Modes) durch die Faser laufen – allerdings in verschiedenen Winkeln, was zu einer modalen Dispersion führt.

Technische Daten:

  • Kerndurchmesser: 50 µm (OM3/OM4/OM5) oder 62,5 µm (OM1/OM2)
  • Wellenlänge: 850 nm oder 1300 nm
  • Reichweite: 300-550 m (abhängig von OM-Kategorie)
  • Farbe: Orange (OM1/OM2), Aqua (OM3), Violett (OM4), Limegrün (OM5)
  • Lichtquelle: LED oder VCSEL-Laser

Vorteile von Multimode

Günstigere Komponenten – Transceiver kosten deutlich weniger
Einfachere Installation – Größerer Kern erleichtert Montage
Niedrigere Gesamtkosten – Bei kurzen Strecken wirtschaftlicher
Bewährte Technologie – Standard in Rechenzentren
Ausreichend für die meisten LAN-Anwendungen

Nachteile von Multimode

Begrenzte Reichweite – Maximal 550 m (OM4)
Modale Dispersion – Signalverzerrung bei langen Strecken
Geringere Bandbreite über Distanz – Geschwindigkeit nimmt ab

Typische Anwendungen von Multimode

Perfekt geeignet für:

  • Rechenzentren – Server-to-Server und Server-to-Switch Verbindungen
  • Gebäudeverkabelung – Stockwerkübergreifende Netzwerke
  • Campus-Netzwerke – Verbindungen innerhalb eines Gebäudes oder zu nahen Gebäuden
  • Storage Area Networks (SAN) – Anbindung von Speichersystemen
  • LAN-Backbones – Zentrale Verteilerpunkte
  • Industrielle Netzwerke – Produktionsanlagen und Fabrikhallen

Direkter Vergleich: Singlemode vs. Multimode

Merkmal Singlemode (OS2) Multimode (OM3/OM4)
Kerndurchmesser 9 µm 50 µm (62,5 µm bei OM1/OM2)
Lichtquelle Laser LED oder VCSEL-Laser
Wellenlänge 1310 nm / 1550 nm 850 nm / 1300 nm
Maximale Reichweite Bis zu 100+ km 300-550 m (je nach Kategorie)
Bandbreite Sehr hoch (unlimitiert) Hoch (limitiert durch Distanz)
Kabelfarbe (Standard) 🟡 Gelb 🟠 Orange / 🔵 Aqua / 🟣 Violett / 🟢 Grün
Kabelkosten Mittel Niedrig bis Mittel
Transceiver-Kosten Hoch Niedrig
Installation Anspruchsvoll Einfacher
Beste Anwendung Lange Distanzen, WAN, Metro Rechenzentren, LAN, Gebäude

Kostenvergleich: Was ist günstiger?

Die Gesamtkosten setzen sich aus mehreren Faktoren zusammen:

Kabelkosten

Singlemode-Kabel sind häufig nur geringfügig teurer oder sogar günstiger als hochwertige Multimode-Kabel (OM4/OM5). Der Unterschied liegt meist bei 10-20%.

Transceiver-Kosten (größter Unterschied!)

Hier liegt der entscheidende Kostenfaktor:

  • Multimode-Transceiver (10G): ~50-150 €
  • Singlemode-Transceiver (10G): ~200-500 €
  • Bei 100G erhöht sich der Preisunterschied weiter

Installationskosten

Multimode ist durch den größeren Kern einfacher zu installieren und zu spleißen, was Arbeitskosten spart.

Faustregeln für die Kostenentscheidung:

  • Unter 300 m: Multimode ist meist günstiger (geringere Transceiver-Kosten)
  • Über 550 m: Singlemode ist die einzige Option
  • Zwischen 300-550 m: Abwägung zwischen Kosten und Zukunftssicherheit
  • Neubauten: Singlemode wird zunehmend attraktiver (sinkende Transceiver-Preise)

Entscheidungshilfe: Was brauche ich?

✅ Wählen Sie Multimode (OM4), wenn:

  • Alle Verbindungen unter 300 m liegen
  • Sie ein Rechenzentrum verkabeln
  • Kosteneinsparung bei Transceivern wichtig ist
  • 10G/40G/100G Ethernet ausreicht
  • Budget begrenzt ist

✅ Wählen Sie Singlemode (OS2), wenn:

  • Distanzen über 550 m erforderlich sind
  • Sie Gebäude über größere Entfernungen verbinden
  • Maximale Zukunftssicherheit gewünscht ist
  • Sie ein Metro- oder WAN-Netzwerk aufbauen
  • Höchste Geschwindigkeiten über längere Strecken benötigt werden

Sonderfall: “Hybrid” – Singlemode für kurze Strecken?

Ein interessanter Trend: Immer mehr Rechenzentren setzen auch auf kurzen Strecken auf Singlemode:

  • Transceiver-Preise sinken kontinuierlich
  • Maximale Zukunftssicherheit (400G, 800G, 1,6T)
  • Einheitliche Infrastruktur (keine Multimode-Singlemode-Mischung)
  • Längere Lebensdauer der Installation

Zukunftstrends bei Glasfasertechnologie

BiDi-Technologie (Bidirektionale Übertragung)

Neue BiDi-Transceiver ermöglichen die bidirektionale Übertragung über eine einzige Faser. Das halbiert den Faserbedarf und ist besonders bei Singlemode wirtschaftlich interessant.

400G und 800G Ethernet

Die nächste Generation von Datacenter-Verbindungen setzt auf 400G und 800G. Während Multimode (OM5) hier an seine Grenzen stößt, ist Singlemode problemlos skalierbar.

Sinkende Singlemode-Kosten

Die Preise für Singlemode-Transceiver sinken kontinuierlich. Experten rechnen damit, dass der Kostenunterschied zu Multimode in den nächsten Jahren fast verschwindet, was Singlemode auch für kurze Strecken attraktiver macht.

Koexistenz von Wellenlängen

Moderne WDM-Technologie (Wavelength Division Multiplexing) ermöglicht die Übertragung mehrerer Signale unterschiedlicher Wellenlängen über eine einzige Singlemode-Faser – ein enormer Kapazitätsmultiplikator.

Häufige Fragen zu Singlemode und Multimode

Kann ich Singlemode- und Multimode-Kabel mischen?

Nein, das funktioniert nicht. Die unterschiedlichen Kerndurchmesser und Wellenlängen sind inkompatibel. Sie benötigen einen Media Converter, um zwischen beiden Typen zu überbrücken.

Kann ich Multimode-Kabel später auf Singlemode upgraden?

Nur durch komplette Neuverkabelung. Multimode-Fasern können nicht einfach in Singlemode umgewandelt werden. Bei der Erstinstallation sollten Sie daher langfristig planen.

Welches Kabel ist “besser”?

Es gibt kein universell “besseres” Kabel – es kommt auf die Anwendung an:

  • Für Rechenzentren unter 300 m: Multimode (OM4)
  • Für lange Distanzen und WAN: Singlemode (OS2)
  • Für maximale Zukunftssicherheit: Singlemode

Wie erkenne ich, welches Kabel ich habe?

Am einfachsten an der Kabelfarbe:

  • Gelb: Singlemode (OS2)
  • Orange: Multimode (OM1/OM2)
  • Aqua: Multimode (OM3)
  • Violett: Multimode (OM4)
  • Limegrün: Multimode (OM5)

Lohnt sich OM5 gegenüber OM4?

OM5 lohnt sich nur bei Verwendung von SWDM-Technologie für 200G/400G. Für Standard-10G/40G/100G-Anwendungen ist OM4 die wirtschaftlichere Wahl.

Praktische Planungshilfe: Schritt für Schritt

Schritt 1: Distanz messen

  • Unter 300 m → Multimode möglich
  • 300-550 m → Multimode (OM4) oder Singlemode
  • Über 550 m → Nur Singlemode

Schritt 2: Geschwindigkeit definieren

  • 1G/10G → Multimode ausreichend
  • 40G/100G → Multimode OM4 oder Singlemode
  • 200G/400G+ → Singlemode empfohlen

Schritt 3: Budget kalkulieren

  • Anzahl der Ports × Transceiver-Kosten
  • Kabelkosten (meist vernachlässigbar im Vergleich)
  • Installationskosten

Schritt 4: Zukunft einplanen

  • Wie lange soll die Installation halten? (10-20 Jahre üblich)
  • Welche Geschwindigkeiten werden zukünftig benötigt?
  • Ist eine spätere Neuverkabelung möglich/wirtschaftlich?

Fazit: Die richtige Wahl treffen

Die Entscheidung zwischen Singlemode und Multimode hängt primär von drei Faktoren ab: Distanz, Budget und Zukunftssicherheit.

Unsere Empfehlungen zusammengefasst:

  • Rechenzentren (unter 300 m): Multimode OM4 ist der aktuelle Standard mit bestem Preis-Leistungs-Verhältnis
  • Gebäudeverkabelung (300-550 m): OM4 für Budget-Projekte, Singlemode für Zukunftssicherheit
  • Campus-Backbone (über 550 m): Singlemode ist die einzige Option
  • Neubauten mit langfristiger Perspektive: Singlemode bietet maximale Zukunftssicherheit

Trend-Tipp: Die Transceiver-Preise für Singlemode sinken kontinuierlich. Bei Neuinstallationen mit langfristiger Perspektive (15+ Jahre) empfehlen wir zunehmend Singlemode, auch wenn aktuell Multimode ausreichen würde. So sind Sie für zukünftige Geschwindigkeitsanforderungen optimal gerüstet.

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